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Archive for 21. September 2009

Brief an Frank-Walter Steinmeier

Lieber Frank-Walter,

ich danke dir sehr für deinen netten Brief, den ich vor kurzem erhalten habe. Leider kam ich nicht früher dazu, dir zu antworten.

Ich habe mich über deinen Brief gefreut, ich finde auch viele Dinge, die du forderst, sinnvoll. Ich bin auch für eine bessere Kontrolle der Finanzmärkte, für Arbeitnehmerrechte und eine Sozialpolitik, bei der breite Schultern mehr tragen als schmale. Aber auch breite Schultern kann man überlasten! Gegen Mindestlöhne bin ich nicht unbedingt, solange sie nicht zu hoch sind und pauschal für alle Arbeitnehmer gelten. Aber wieso erwähnst du nicht das Festhalten am Atomausstieg? und wieso bist du für sichere Renten, ohne zu erklären, dass das Rentensystem nicht mehr finanzierbar ist bei unserer demographischen Entwicklung. Du weißt das doch! Wieso lässt du Olaf Scholz versprechen, dass die Renten nie gekürzt werden? Haben wir jungen Leute nicht schon genug Probleme? Riesige Schuldenberge, ein schlechtes Schul- und Hochschulsystem, zu wenig Arbeitsplätze und sehr hohe Abgaben für die Kranken-, Rente- und Pflegeversicherung. Viel länger arbeiten sollen wir auch als die heutigen Rentner. Ist es sozial gerecht, uns das Leben noch schwerer zu machen?

Im Grunde bist du mir sehr sympathisch. Ganz ehrlich: Du bist für einen Politiker relativ seriös und ehrlich, hast viel Regierungserfahrung und besitzt die Vernunft und Klugheit, die in der Politik notwendig ist. Auch Peer Steinbrück ist mit seiner Intelligenz, seiner Schlagfertigkeit und Beharrlichkeit ein Mann, der der deutschen Politik sehr gut tut, zumal er sich nicht zum reinen Parteisoldaten machen lässt, sondern sich eine eigene kritische Meinung bewahrt. Du, Frank-Walter, hast als Planer der Agenda 2010, als Chef des Bundeskanzleramts, als Außenminister und Vize-Kanzler bewiesen, dass du weißt,wie Politik funktioniert, wo die Fäden zusammenlaufen, wie verantwortungsvolle Politik aussieht und was Deutschland nötig hat. Ja, du kannst es – könntest es.

Denn leider gibt es da auch eine negative Seite. Ich meine, Frank-Walter, unter uns, wir wissen doch beide, dass die SPD nicht mehr in der nächsten Regierung sein wird. Wir wissen doch, dass du nicht die beste Zeit erwischt hast,um Kanzlerkandidat der SPD zu sein. Und dass du zurücktreten wirst, falls das Ergebnis allzu schlecht sein wird für den Anspruch der „Volkspartei“ SPD. Und leider ist dies nicht so unwahrscheinlich. Aber ich möchte keine Bundestagsfraktion gewählt haben, die bald von Andrea Nahles, Björn Böhning oder Sigmar Gabriel angeführt werden wird. Keine Partei, die bald einen von diesen oder einen anderen, vielleicht den Klaus aus Berlin, als Parteivorsitzenden haben wird. Die sich noch stärker als bisher von der Agenda 2010 distanzieren wird. Die inhaltlich bald sehr wenige Differenzen mit der Linkspartei haben wird – vielleicht nicht mehr als CDU und CSU.

Aus diesen Gründen werde ich die SPD nicht wählen.

Ich grüße dich. Alles Gute, denn ich beneide dich nicht um deine Situation am Sonntag und den Tagen darauf.

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