Was ist die Piratenpartei?
Die Piratenpartei, die derzeit mit je einem Abgeordneten im Europaparlament und Bundestag vertreten ist, ist für mehr Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung, eine Reform des Urheberrechts und freien Zugang zu Bildung. Sie ist gegen Überwachungssysteme im Internet, gegen das ineffektive, da umgehbare, Sperren von Internetseiten, gegen den Verbot von Computer-Spielen und die Kriminalisierung von Menschen, die zum Beispiel Musik aus dem Internet herunterladen. Privatkopien möchte die Piratenpartei legalisieren. Stammland der Piratenpartei ist Schweden. Weitere Informationen siehe zum Beispiel unter http://www.piratenpartei.de/navigation/politik/unsere-ziele . Die Feindbilder der deutschen Piratenpartei sind vor allem Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen, die gerne von Anhängern der Piratenpartei als „Zensursula“ bezeichnet wird.
Die Ziele der Piratenpartei
Die Ziele der Piratenpartei ist also eine staatliche Überwachung und Gängelung der Bürger zu verhindern, ganz besonders im Internet. Sie thematisiert die Einschränkung von Freiheitsrechten und bringt damit die etablierten Parteien in gewissem Maße unter Zugzwang. Populistische politische Vorschläge wie zum Beispiel die Forderung „Killer-Spiele“ zu verbieten, weil diese schuld an Attentaten an deutschen Schulen seien, haben viele Jugendliche dazu gebracht, sich der Piratenpartei anzuschließen. Denn sicher sind nicht Computer-Spiele an den Toten an deutschen Schulen schuld, sondern vielmehr Depressionen, Isolation und Perspektivlosigkeit der Attentäter oder eine Neigung zu Gewalt. Während die deutschen Parteien Angst davor haben, Schützenvereine oder zumindest die private Unterbringung von Schusswaffen zu verbieten, müssen Computer-Spiele als Sündenböcke herhalten.
Argumente gegen eine Wahl der Piratenpartei
Nachdem die Piratenpartei auf Anhieb bei der letzten Europawahl immerhin 0,9 Prozent der gültigen Stimmen erhalten hat – womit sie allerdings weniger Stimmen als Republikaner, (die sozialistische) Tierschutzpartei, Familienpartei und Freie Wähler erhielt – sind die Chancen auf einen Einzug in den Bundestag zwar durch zunehmende mediale Präsenz ein wenig gestiegen, aber immer noch sehr gering. Man könnte argumentieren, dass eine Stimme für die Piratenpartei deshalb eine verlorene Stimme wäre. Außerdem wird kritisiert, dass die Piratenpartei in politischen Dingen noch relativ naiv ist, wie sich bei einem Interview zeigte, das der dem sogenannten „rechtsextremen“ Lager zugerechneten Zeitung „Junge Freiheit“ gegeben wurde. Ein weiteres Gegenargument ist, dass das Programm der Piratenpartei sich vor allem auf die oben genannten Themen beschränkt. Die Piratenpartei hat für die anderen Politikfelder, wenn überhaupt, nur relativ wenige politische Ziele zu bieten. Dies gibt die Piratenpartei auf ihrer Internetseite selbst zu, wie folgende Zitate belegen:
„Dass die Piratenpartei sich von anderen Parteien unterscheidet, gilt auch für ihre Themenwahl: Die Ziele der Piratenpartei sind eng begrenzt. Unsere Themenkonzentration wirft Fragen auf:
Warum gerade diese Themen?
Und warum keine weiteren Themen darüber hinaus?“
oder: „Die Piratenpartei hat derzeit zu vielen Themengebieten noch keine Position.“
Sicher hat die Piratenpartei auch nicht die Kompetenz, Deutschland zu regieren und die Politiker, die Ministerien führen könnten. Aber dies zu verlangen wäre wohl überzogen und diese, je nach Blickwinkel, Gefahr oder Chance, besteht in den nächsten Jahren auch gar nicht.
Argumente für eine Wahl der Piratenpartei
Die etablierten Parteien geben für viele Bürger derzeit ein schlechtes Bild ab. Entweder sind sie zu radikal oder populistisch, zu profillos oder man weiß nicht, wer nach der Bundestagswahl an der Spitze der Partei stehen wird. Mit den Zielen der Parteien können sich viele nicht identifizieren – mit der Kungelei und dem Postengeschacher innerhalb der Parteien oft erst recht nicht. Ein gutes Ergebnis für die Piratenpartei wäre wie ein Schuss vor den Bug der großen Parteien. Zudem würde man klarmachen, dass man die Ziele der Piratenpartei unterstützt. Die großen Parteien würden aus Gründen des Machterhalts und Stimmengewinns nicht nur für die Anliegen der Piratenpartei sensibilisiert werden, sondern sich unter Umständen auch dazu entschließen, sich von der Etablierung eines Systems zur Sperrung von Internetseiten und dem Verbot von Ego-Shooter-Computerspielen zu distanzieren. Wer bei dieser Wahl die Piratenpartei wählt, zeigt also, wie groß das Potential an Wählern ist, für die diese Themen sehr wichtig sind.
Der Wähler kann mit seiner Stimme für die Piratenpartei auch ganz grundsätzlich seine Abneigung gegenüber den großen Parteien, wie sie sich in diesem Wahlkampf präsentieren, zum Ausdruck bringen. Wie mein Artikel zur Parteienfinanzierung zeigt, sind Stimmen für kleine Parteien nicht per se verloren, sondern helfen unter bestimmten Voraussetzungen den Parteien, ihre Arbeit zu finanzieren. Dass die Piratenpartei sich vor allem mit einigen wenigen Themen auseinandersetzt, wurde bereits festgestellt, aber dies ist bei einer neuen Partei nicht verwunderlich. Bei den Grünen standen anfangs ebenfalls wenige Themen wie Umweltpolitik, Atomkraftwerke und der Krieg in Indochina im Vordergrund. Falls die Piratenpartei stärker werden wird, wird sie mit zunehmender Zeit und Mitgliederstärke auch zu anderen Themen ihre Positionen entwickeln.
Fazit: „Ein Zeichen setzen?“
Die Zweitstimme, die über die Anzahl der Sitze im Bundestag entscheidet, der Piratenpartei zu geben, ergibt Sinn, falls man von den anderen Parteien nicht überzeugt ist, die Ziele der Piratenpartei unterstützt und ein Zeichen setzen möchte. Die Piratenpartei zu wählen ist auch viel besser, als nicht wählen zu gehen oder seine Stimme ungültig zu machen, denn nicht abgegebene Stimmen werden nur bei der Wahlbeteiligung kurz verlesen und bedauert, die Anzahl der ungültigen Stimmen nicht einmal kurz wahrgenommen.
Die Erststimme, die über das Wahlkreis-Direktmandat entscheidet, der Piratenpartei zu geben, wäre jedoch sinnlos, da die Piratenpartei, falls sie überhaupt Direktkandidaten hat, keine Chance hat und auch finanziell von der Stimme keinen Nutzen haben würde. Die Erststimme könnte man also trotzdem einer der großen Parteien geben nach dem Prinzip der Entscheidung für das kleinste Übel.
[…] von Anhängern der Piratenpartei als ‘Zensursula’ bezeichnet wird.” [mehr auf Predatory fish's Weblog] September 24, 2009 | abgelegt unter […]
Guter Artikel und sehr informativ geschrieben.
Man kann nur hoffen, dass die Piratenpartei endlich mal wieder ganz neue Wählerschichten zur Wahl mobilisieren kann.
Gruß
AMUNO
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